Ein möglicher Einwand!
Die hier vorgestellten Methoden scheinen sprichwörtlich den „Teufel mit dem Beelzebub“ austreiben zu wollen, indem einfach ein Übel gegen ein anderes ausgetauscht wird. In der Tat wird mit den Techniken ein Verhalten durch ein anderes ersetzt. Der große Unterschied besteht jedoch darin, dass das neue Verhalten nicht zu Folgeschäden führt – wie etwa verletzte Hautpartien, ausgerissene Haare oder abgebissene Nägel und Nagelhaut.
Bitte beachten Sie zum Schluss noch Folgendes:
- Nägelkauen kommt auch dann nicht infrage, wenn ein Nagel einmal eingerissen ist. Nehmen Sie stattdessen eine Nagelfeile! Auch dürfen z.B. Pickel nicht einfach abgepult oder unebene Haut entfernt werden. Ebenso dürfen graue oder splissige Haare nicht ausgerissen werden. Wir raten dazu, stets ein wenig Handcreme bei sich zu führen, gerade beim Skin Picking, bzw. eine Feile, wenn Sie zum Nägelkauen neigen. Auch Bittersubstanzen aus der Apotheke können das Abgewöhnen des Nägelkauens unterstützen.
- Gelegentliche Ausrutscher sind kein Drama! Ein Vorfall ist nicht gleichzusetzen mit einem Rückfall. Es geht zunächst darum, das Verhalten zu reduzieren. Es ist schon viel gewonnen, wenn das Verhalten seltener auftritt. Allerdings sollten Sie sich keinesfalls von vorneherein Ausrutscher (z.B. ein paar Nagelstücke, Haare oder Hautfetzen) „gestatten“.
- Sie sollten weiter üben, auch wenn Sie das Verhalten bereits deutlich reduzieren konnten. Am besten üben Sie immer zu bestimmten Zeiten und/oder wenn der Drang einsetzt. Das neue Verhalten muss Ihnen quasi in „Fleisch und Blut“ übergehen, wie das Schuhe zubinden. Neues Verhalten braucht Zeit, um sich durchzusetzen. Ein Effekt stellt sich am ehesten ein, wenn Sie die jeweilige Methode täglich konsequent anwenden.
- Wenn Sie merken, dass Sie trotz vieler und konsequenter Übungen alleine nicht weiterkommen, empfehlen wir Ihnen, eine Psychotherapie zu beginnen.
- Körperbezogene Impulskontrollstörungen sind häufig begleitet von depressiven Symptomen und niedrigem Selbstwert. Wir raten dazu, begleitend zur Anwendung der dargestellten Methode(n) eine App herunterzuladen, die sich als wirksam erwiesen hat, die Stimmung, Akzeptanz und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern. Die App COGITO ist kostenlos für Android und iOS beziehbar. Ihre Wirksamkeit konnte bereits in zwei wissenschaftlichen Studien gezeigt werden.
- Tipps der „Experten aus Erfahrung“: Abschließend folgen noch einige Techniken, die zumindest manchen Betroffenen laut eigener Aussage in sozialen Medien dabei helfen bzw. geholfen haben, ihre Impulskontrollstörung zu verringern. Da einige der Maßnahmen auch als Formen der Vermeidung angesehen werden können, raten wir Ihnen allerdings, aufmerksam zu beobachten, ob Ihr Leidensdruck bzw. das Problem durch die Techniken tatsächlich vermindert wird. Sollte das nicht der Fall sein, bietet sich ein Wechsel der Methode an.
Störungsübergreifend (siehe auch Hilfreiches):
- Die Hände möglichst viel beschäftigen, um sich abzulenken (z.B. mit „Zappelspielzeug“, Knete, Schleim, Stricken oder Zeichnen).
- Sich über die Störung durch Bücher oder im Internet informieren (siehe auch Literatur).
Störungsspezifisch (siehe auch Hilfreiches):
- Nägelkauen: Pflaster oder Sportklebeband um die Hände bzw. die Finger wickeln, Handschuhe tragen, die Hände stark eincremen, die Nägel lackieren oder Nagellackaufkleber auftragen.
- Kopfhaare ausreißen/-zupfen: Eine Mütze, ein Haarband oder einen Zopf (oder wenn möglich eine Flechtfrisur) tragen.
- Lippen-Wangen-Beißen: Eine durchsichtige Kauschiene tragen.
- Augenbrauen/Wimpern zupfen: (Sonnen-)Brille, falsche Wimpern oder Mascara tragen, Wimpern mit Vaseline einreiben und die Augenbrauen bzw. die Wimpern nicht im Spiegel anschauen, da der Drang steigen könnte, diese auszuzupfen (dies kann auch für die Kopfbehaarung gelten).
- Körperbehaarung ausreißen/zupfen und/oder das Pulen an der Haut: Ganzkörperanzug tragen, bestimmte Stellen mit Vaseline einreiben sowie die Nägel möglichst kurz schneiden, sodass das Skin Picking erschwert wird.